12.11.2011

Portugal: Über die Sparmaßnahmen und den letzten Generalstreik


Am 24. November fand in Portugal erneut ein Generalstreik statt; den letzten hatte es genau vor einem Jahr gegeben. Es war der siebte Generalstreik in Portugal seit 37 Jahren und der dritte, den die beiden größten Gewerkschaften CGTP und UGT organisierten.

Seit dem letzten Generalstreik hat sich die Lage der ArbeiterInnen in Portugal verschärft. Dem Rettungsplan des Internationalen Währungsfond und der Europäischen Union folgend wurde eine Reihe an Kürzungsmaßnahmen durchgeführt, deren Ziel es gewesen ist das Staatsdefizit zu senken und die portugiesische Ökonomie „wettbewerbsfähiger“ zu machen. Nachdem die ArbeiterInnen bereits Steuererhöhungen hinnehmen mussten, verteuerten sich die Kosten des öffentlichen Nahverkehrs um 25% und es gab Einschnitte im Sozial- und Gesundheitswesen. Die Gehälter von ArbeiterInnen in den öffentlichen Sektoren werden in den Jahren 2011 und 2012 durch eine zusätzliche Steuer drastisch gekürzt. Neue Sparmaßnahmen konstituieren einen historischen Angriff auf die Rechte der ArbeiterInnen: Abfindungen im Kündigungsfall werden gesenkt, Erhöhung der täglichen Arbeitszeit um 30min ohne zusätzlichen Lohn, Streichung von Urlaubstagen. Offiziellen Angaben zufolge liegt der Anteil von Arbeitslosen im Land bei 13%. Ökonomische Vorhersagen prognostizieren für Portugal die stärkste Rezession in der Euro-Zone und einen starken Anstieg der Arbeitslosigkeit infolge der Sparmaßnahmen.
Der Streik wirkte sich besonders auf das öffentliche Transportwesen, auf Schulen, Krankenhäuser und die Müllabfuhr aus. Außerdem war der Flugverkehr eingeschränkt. Einige größere Unternehmen wie Volkswagen mussten ihre Laufbänder aufgrund des Generalstreiks anhalten. Im Dienstleistungs- und privaten Sektor gab es nur eine sehr geringe Beteiligung, da hier die Anzahl prekär beschäftigter und unterbezahlten Arbeitern wesentlich höher als in anderen Bereichen ist. Die Furcht vor Kündigungen verhinderte die Mobilisierung dieser ArbeiterInnen, so dass die Störungen im Nahverkehr oftmals als Entschuldigung für die Beteiligung am Streik vorgeschoben wurden.

Bei diesem Streik haben die ArbeiterInnen Demonstrationen im ganzen Land organisiert. In Lissabon gab es eine von der CGTP organisierte Demonstration und einen zweiten Demonstrationszug der "Indignado-Bewegung vom 15 Oktober". Dabei stieß die zweite Gruppe vor dem Parlament auf eine Postenkette der CGTP-Security, die verhinderte, dass sich die beiden Demonstrationszüge vereinten. Nach mehreren Stunden gab es einen Versuch vor das Parlament zu gelangen, wobei es vereinzelt zu Auseinandersetzungen mit der Polizei gekommen ist. Sieben Demonstrierende wurden verhaftet und wegen Widerstand und Angriff auf die Polizei vor Gericht gestellt. Die Polizei war sehr gewalttätig; auf einem Video ist zu sehen wie ein Demonstrant von einem Polizisten in Zivil geschlagen wird. Das Video kursiert im Internet und wurde im Fernsehen gezeigt. Als Reaktion darauf verbreitete die Polizei die altbekannte Geschichte über "gefährliche radikale AnarchistInnen".

Die portugiesische Sektion der Internationalen ArbeiterInnen Assoziation (IAA) beteiligte sich bei den Mobilisierungen in Lissabon, Porto und Chaves. In Lissabon und Porto veranstaltete sie Protestposten und beteiligte sich an der Demonstration. In Lissabon verteilten ihre Mitglieder Flugblätter in verschiedenen Geschäften und große Einkaufsmärkten, bis sie von der Security hinaus gebeten wurden. In Porto demonstrierte das Syndikat gemeinsam mit der CGTP. Unsere neue Gruppe in Chaves verteilte Flugblätter an ArbeiterInnen.


Associação Internacional dos Trabalhadores Secção Portuguesa
Portugiesische Sektion der IAA

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