Am Freitag den 19. August beteiligte sich die anarcho-syndikalistische Gewerkschaftsgruppe "Allgemeines Syndikat Dresden" (ASD) (Mitglied des Libertären Netzwerks Dresden FdA IFA und der FAU) an dem internationalen Aktionstag gegen Ford/Visteon. Dieser war von der spanischen Gewerkschaft CNT mit Unterstützung der Internationalen ArbeiterInnen-Assoziation ausgerufen worden.
Vor einem Ford-Autohaus in Dresden-Plauen hielten ASD-Mitglieder eine Mahnwache ab und verteilten Flyer an Passant*innen. Ein engerer Kontakt mit den Mitarbeiter*innen des Autohauses kam bedauerlicherweise nicht zu Stande. Durch eine nur sehr kurzfristige Mobilisierung und verschiedene andere Aktionen an diesem Wochenende blieb die Beteiligung leider hinter den Erwartungen zurück. Die Ortsgruppe lässt sich jedoch nicht entmutigen und ist entschlossen, weitere Proteste folgen zu lassen.
Flugblatt zur Mahnwache:
Zusammenhalt ist der beste Arbeitsschutz
Solidarität mit den ArbeitnehmerInnen bei Ford / Visteon
Sehr geehrter Passant, sehr geehrte Passantin,
wir möchten Sie heute vor Ort auf die Ungeheuerlichkeiten aufmerksam machen, mit denen die Firmengruppen Ford und Visteon gegen ihre ArbeitnehmerInnen vorgehen. Wir möchten Sie dazu auffordern sich über die aktuellen Geschehnisse zu informieren und sich nach Ihren Möglichkeiten solidarisch zu zeigen – schließlich sind wir als ArbeitnehmerInnen oder Erwerbslose immer wieder auf Verständnis und Solidarität angewiesen um unsere Interessen gegenüber ArbeitgeberInnen und Ämtern zu wahren.
Ein kurzer Überblick
Der Autohersteller Ford begann im Jahr 1997 mit dem Outsourcing (Ausgliederung von Firmenteilen). Ford gründete die Unternehmensgruppe Visteon, die wiederum 40 weitere Subunternehmen gegründet hat. Diesen Drittunternehmen wurden Aufgaben, Strukturen und Arbeitsplätze des Mutterunternehmens angeboten, um die sie dann untereinander konkurrierten - auf Kosten der ArbeiterInnen, die nun zu weit schlechteren Bedingungen schuften müssen als die KollegInnen des Stammunternehmens.
Im Jahr 2005 startete Ford dann das „Way Forward“ Projekt. Der Plan sah alleinig für die USA, Einsparungen im Personalbereich in einer Höhe von 250 Mio.$ vor – das bedeutete Massenentlassungen. 220 Mio. $ sollten durch Verzicht auf Betriebsvermögen eingespart werden – das bedeutete die Schließung von Fabriken.
Indem Ford seit Beginn dieses Planes über 70.000 ArbeiterInnen entweder entließ oder auslagerte, hat das Unternehmen die globale Belegschaft halbiert. Weiterhin gründete Ford das Subunternehmen Automotive Components Holding (ACH), welche direkt von ihnen gemanagt wurde. Das Ziel dieses Vorgangs war es die verlustreichen Segmente von Visteon auszulagern. Und so holte Ford im Jahr 2005, 17 Fabriken und sechs Büros aus dem so genannten "unabhängigen" Unternehmen Visteon zurück zu ACH unter seine Kontrolle. Bis zum Jahr 2009 hatte Ford dann ACH teilweise verkauft und teilweise geschlossen. Diese Machtstrategen, die Menschen wie Schachfiguren auf dem Brett bewegen, haben ArbeiterInnen entlassen oder zu einem hunderte Kilometer langen Umzug gezwungen, falls sie ihren Job behalten wollen.
Ford benutzte Visteon auch um ArbeiterInnen um ihre Renten zu betrügen. Noch vor der Ankündigung, dass VisteonUk geschlossen wird, wurde der Rentenfond erst zu Ford und dann zu dem neu gegründeten Unternehmen Visteon Engineering Services transferiert, um dadurch seine Auszahlungen an entlassene ArbeiterInnen zu verhindern.
Anschließend wurden die drei übrig gebliebenen Fabriken in Enfield, Basildon und Belfast geschlossen, dabei 600 ArbeiterInnen entlassen. Ihnen wurde 6 Minuten Zeit gelassen, den Umstand zu verarbeiten, danach wurden sie dazu aufgefordert ihre sieben Sachen zu packen und das Gebäude zu verlassen. Später informierte man die ArbeiterInnen, dass sie aufgrund des Bankrotts von VisteonUK weder Abfindungen noch Renten bekommen würden.
Protest organisieren – nicht unterkriegen lassen!
Nachdem die ArbeiterInnen aller drei Fabriken aufgefordert worden waren das Gebäude zu verlassen, weigerten sie sich und besetzten augenblicklich die Fabrik. In Basildon beendeten die ArbeiterInnen ihre Besetzung und organisierten stattdessen Protestposten mit großem Zulauf. Die ArbeiterInnen in Enfield und Belfast hielten die Besetzung durch; in Belfast war die Fabrik über sechs Wochen besetzt.
Auch in Cadiz, Spanien wurde vor kurzem eine Belegschaft von 400 ArbeitnehmerInnen des Unternehmens Electrónica S.A. (Visteon/Ford) mit der unmittelbar anstehenden Schließung ihrer Fabrik durch einen auswärtigen Firmenrepräsentanten informiert. Ähnlich wie schon in Großbritannien taten die VertreterInnen der Zentralgewerkschaften nichts für den Schutz der örtlichen Beschäftigten, schllimmer noch, die GewerkschaftsvertreterInnen erdreisteten sich sogar kurzfristig ihren Sommerurlaub zu verkünden.
Wie im Vereinigten Königreich nahm einzig eine Gewerkschaft der „Internationalen ArbeiterInnen Assoziation“ (IAA), die Basisgewerkschaft CNT, den Kampf gegen die unverantwortliche Politik des Unternehmens auf. Die Betriebsgruppe hat für den heutigen Tag zu einem internationalen Aktionstag gegen das Unternehmen aufgerufen - ein Aufruf, dem wir auch hier im kleinen Dresden mit dieser Aktion gerne nachkommen.
Was heißt das für Sie?
In den heutigen wirtschaftlichen Verhältnissen, sind wir alle, ob in einem Lohnverhältnis oder nicht, von Armut, Leistungsdruck und einer Verschlechterung der sozialen Grundlagen in unserer Gesellschaft bedroht. Wir sind keine Angestellten bei Ford / Visteon – aber wir protestieren trotzdem. Unsere gemeinsame Lage in einer überkommenen Wirtschaft, einer entsolidarisierten Gesellschaft und einem politisch-motivierten Überwachungsstaat macht es für uns über die menschliche Selbstverständlichkeit hinaus notwendig, sich gegenseitig zu unterstützen. Wenn Sie und wir für bessere Arbeits- und Lebensbedingungen kämpfen, dann brauchen wir ebenso die Unterstützung vieler Menschen, wie die ArbeiterInnen bei Visteon in Spanien. Aktionstage, Streiks, Boykotts, Besetzungen und Kollektivierungen von Arbeitsplätzen bieten uns die Möglichkeit, unsere Interessen und Bedürfnisse gegen globale Unternehmen, ebenso wie die Chefs unseres Kleinbetriebes oder das lokale Arbeitsamt durchzusetzen. Auf Funktionäre der Zentralgewerkschaften oder gar Parteien brauchen wir in diesen Auseinandersetzungen nicht zu hoffen. Zu schnell sind diese eingekauft, vertreten persönliche Interessen, überdies lassen sie sich in ihrer Stellung weder kontrollieren noch abwählen.
Wir setzen daher auf die Unterstützung von „ganz normalen Leuten“ untereinander. Wir auf Ihre und Sie hoffentlich ebenso auf unsere. Da wir die selben grundsätzlichen Probleme haben, nämlich den Mangel an Selbstbestimmung und den Zugang zum materiellen Reichtum, der global produziert wird, sollten wir auch auf der selben Seite stehen. Es gibt viele Wege sich zu engagieren, von der Spende an lokale Initiativen, dem Abonement kritischer Zeitungen wie der „Direkten Aktion“ um informiert zu bleiben, über die Diskussion und Vernetzung mit anderen (Nicht-)Beschäftigten bis hin zur Teilnahme an Protestaktionen oder Solidaritätsstreiks.
Solidarität gegen Unternehmens- und Staatswillkür!
Mit Zusammenhalt, Gleichberechtigung und Selbstbestimmung für ein gemeinsames Leben in Würde!
Danke für Ihre Aufmerksamkeit und hoffentlich bis bald.
Allgemeines Syndikat Dresden
Mitglied der Gewerkschaft FAU IAA, siehe FAU.org
Mitglied im Libertären Netzwerk Dresden FDA - IFA, siehe libertaeres-netzwerk.info
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