8.02.2011

Britische Polizei fordert zur Denunziation von AnarchistInnen auf

Die britische Metropolitan Police der Londoner City of Westminster fordert neuerdings Geschäftsleute und die allgemeine Öffentlichkeit zur Denunziation vermeintlicher AnarchistInnen auf. Wie die britische Zeitung «Guardian» berichtete, möchte die Polizei, dass man „der lokalen Polizei jede Art von Informationen über Anarchisten mitteilt“. In einem Interview mit der britischen Tageszeitung «Guardian» wendete sich Sean Smith, der Pressesprecher der «Solidarity Federation» (SolFed), der britischen Sektion der anarcho-syndikalistischen «Internationalen ArbeiterInnen Assoziation» (IAA) mit deutlichen Worten gegen diesen Versuch der Polizei, AnarchistInnen als „Gedankenverbrecher“ unter Generalverdacht zu stellen.

Der «Guardian» hatte am 31. Juli über ein entsprechendes Dokument der Polizei berichtet, in dem diese - im Rahmen eines sog. «Projektes Griffin» - „Manager, Sicherheitsmitarbeiter und Beschäftigte großer öffentlicher und privater Einrichtungen überall in der Hauptstadt zum Thema Sicherheit, Anti-Terrorismus und Kriminalitätsvorbeugung“ anleiten und beraten soll. Im Rahmen dieses Textes wird dazu aufgefordert, Erkenntnisse über AnarchistInnen unverzüglich bei der Polizei zu melden. Es geht der Polizei dabei nicht um irgendwelche konkreten Straftaten. Sie begründet den Aufruf zur Denunziation einzig und alleine damit, es handele sich bei Anarchismus um „eine politische Philosophie, die den Staat als unerwünscht, unnötig und schädlich erachtet und stattdessen für eine staatenlose Gesellschaft, oder Anarchie eintritt“. Nur wenige Zeile später später wird im gleichen Text dazu aufgefordert, der Polizei auch alle Hinweise, die mit dem islamistischen Terror-Netzwerk «al-Qaida» im Irak in Verbindung stehen könnten, zu melden. Der Zusammenhang, den die Polizei den AdressatInnen ihres Programms nahelegen möchte, liegt auf der Hand.

In George Orwells düsterer Zukunftsvision „1984“ gibt es das Delikt des „Gedankenverbrechens“. Es genügt einen dissidenten Gedanken zu haben oder zu äußern, um in die Fänge des allmächtigen Staatsschutzes zu geraten. Orwell schrieb den Roman unter dem Eindruck der faschistischen und stalinistischen Regime seiner Zeit. Er dürfte wahrscheinlich nicht unbedingt damit gerechnet haben, dass Polizeibehörden des Landes, in dem er selbst geboren wurde, einige Jahrzehnte später ihre eigene Kategorie von „Gedankenverbrechen“ entwickeln würden.

Sean Smith erklärte für die SolFed im «Guardian» dazu: „Es ist zwar reichlich absurd, aber nicht unbedingt überraschend, dass der Staat versucht Ideen zu kriminalisieren, die er als gefährlich für sein eigenes Überleben betrachtet (...) Wir sind eine revolutionäre Gewerkschaftsinitiative. Die Mitglieder unserer Organisation sind der Meinung, dass grundsätzliche soziale Veränderung durch Organisierung am Arbeitsplatz und in der Community entsteht und nicht etwa durch terroristische Akte. Wir haben dazu umfangreiche Informationen über unsere Ideen und Strategien für alle zugänglich online zur Verfügung gestellt“.

Nachdem es in Folge des Berichtes im «Guardian» zur einer erregten öffentlichen Debatte kam, versuchte sich Scotland Yard am Tag nach der Veröffentlichung mit einem windigen Dementi. Der eigene Text hätte „besser formuliert sein können“. „Der Metropolitan Police Service habe keine Personen aufgrund legitimer politischer Ansichten stigmatisieren wollen“, teilte ein Sprecher von Scotland Yard der Presse mit.

Zum Abschluss seines Artikels verweist der «Guardian» übrigens darauf, dass die LeserInnen sich die gefährlichen AnarchistInnen bei der Arbeit demnächst selbst ansehen können. Im Oktober findet die diesjährige «Anarchist book fair» mit tausenden von BesucherInnen in London statt.

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