5.15.2012

M31 Bremen: Kundgebung gegen Leiharbeitsmesse

Circa 50 Aktivist*innen haben am Samstag dem 12. Mai an einer Kundgebung gegen die Leiharbeitsmesse im Einkaufszentrum „Waterfront“ in Bremen-Gröpelingen teilgenommen. Unter der Überschrift „Lohnarbeit gemeinsam abschaffen“ hatte das Bremer M31 Bündnis zu dieser Kundgebung aufgerufen.
Der Kundgebungscharakter war ein „aktiver“ d. h. nicht die Beschallung der Aktivist*innen sondern das Ansprechen der Besucher*innen der Waterfront und Leiharbeitsmesse war das Ziel.

Zu diesem Zweck verteilten die Aktivist*innen circa 1000 Flyer, und zeigten Transparente. Neben einem Redebeitrag des Bremer M31 Bündnis gab es Beiträge der FAU Bremen, der IWW Bremen und der Basisgruppe Antifaschismus (BA) Bremen.

Bereits im letzten Jahr ( http://de.indymedia.org/2011/05/308107.shtml ) hatte es eine Aktion gegen die Leiharbeitsmesse in der Waterfront gegeben. Anders als letztes Jahr kam es aber diesmal nicht zu Angriffen durch Securities der Waterfront auf die Aktivist*innen.

Trotz des durchaus „wechselvollen“ Wetters eine kleine aber feine Aktion die deutlich macht das es möglich ist auch jenseits großer Events kontinuierlich konsequent antikapitalistische Praxis zu entwickeln.


Rede des Bremer M31 Bündnis -  Lohnarbeit gemeinsam abschaffen

Zeitarbeitsmesse – das klingt gut, das klingt seriös. Auf Messen werden neue Waren und Dienstleistungen präsentiert. Bei der Zeitarbeit wird auch mit Ware gehandelt: Mit unserer Ware Arbeitskraft.

Die Organisatoren sagen auf ihrer Homepage:
„Zeitarbeit – eine moderne Beschäftigungsform, die auch in schwierigen wirtschaftlichen Zeiten vielen Arbeitssuchenden die Möglichkeit des (Wieder-) Einstiegs in den Arbeitsmarkt bietet.“

Was für ein Arbeitsmarkt ist das aber?
- 40-50 Prozent weniger Einkommen im Schnitt für gleiche Tätigkeiten (laut DGB-Studie).
- Zwei Klassen von Beschäftigten innerhalb eines Betriebes.
- Ständige Konkurrenz und Leistungsdruck. Arbeit auf Probe – als Dauerzustand.
- Verdrängung von regulären Arbeitsplätzen durch Leiharbeit.
- Keine Interessenvertretung im Betrieb.
- Häufige Verstöße gegen Tarifbestimmungen.
- Unterlaufen eigener Zusagen durch vorzeitige Beendigung des Arbeitsverhältnisses.

Im Februar 2012 gab es bundesweit circa eine Million Zeitarbeiter*innen. Die Hälfte aller neuen Stellen entstehen in der Leiharbeit. Die Beschäftigungsdauer der Mehrheit liegt dort zwischen einer Woche und unter drei Monaten. Nur jede/-r sechste Leiharbeiter*in hat eine Chance, im Anschluss an Leiharbeit eine feste Stelle zu bekommen. Die Hälfte wird wieder arbeitslos.
Konzerne mit Rekordgewinnen und deren Zulieferer setzen auf Leiharbeit auch im ganz normalen Regelbetrieb. Betroffene verdienen aufs Jahr gerechnet durchschnittlich nur halb soviel wie Stamm-Mitarbeiter*innen. 13% beziehen zusätzlich Hartz IV. Wie viele der anderen auch Hartz IV beziehen könnten, wenn sie einen Antrag stellen würden, weiß man nicht.

Ähnlich ist es bei kirchlichen Einrichtungen, Sozialverbänden und anderen Branchen. Immer häufiger werden tarifliche Standards durch eigens dafür geschaffene Leiharbeitsfirmen unterlaufen. Je mehr wir uns strecken und bewerben, je öfter wir in den Maßnahmen den Götzen Arbeit anbeten, desto mehr verstärkt sich die Konkurrenz unter uns, desto billiger wird unsere Arbeitskraft, desto mehr sinken die Löhne und desto schlechter werden die Arbeitsbedingungen. Wenn der Job sich schlimm anfühlt, liegt es nicht an der eigenen ungenügenden Bildung, sondern daran, dass Lohnarbeit grundsätzlich mies ist. Denn dabei geht es nicht um die Schaffung eines schönen Lebens, sondern um die Ausbeutung der eigenen Arbeitskraft zugunsten des Unternehmens. Lohnarbeit ist eine unerträgliche Notwendigkeit, um sich in dieser kapitalistischen Gesellschaft Dinge kaufen zu können.

Sie sagen:
„So ist das nun einmal. Im Kapitalismus müssen die Betriebe wettbewerbsfähig bleiben. Dazu gehört auch Leiharbeit. Begreift sie als Chance, überhaupt Arbeit zu bekommen.“

Auf europäischer Ebene ist es genau diese Niedriglohnpolitik, die der deutschen Exportwirtschaft zugute kommt. Nur durch die erfolgreiche Durchsetzung dieser Maßnahmen zum angeblichen Wohle Aller konnte Deutschland eine so führende Rolle in der europäischen Krisenpolitik einnehmen – was die Menschen in Griechenland, Portugal, Spanien und anderen europäischen Ländern schmerzhaft zu spüren bekommen.

So international wie diese Krisenpolitik ist auch der Widerstand. Wir sind heute hier, um an dem Beispiel der Leiharbeitsmesse zu zeigen, dass Widerstand möglich und nötig ist. Wir machen keine Verbesserungsvorschläge wie ihr uns besser kontrollieren und ausbeuten könnt.
Denn das soll nicht unsere Zukunft sein. Wir sind hier, um zu sagen, dass es reicht und wir eine Zukunft ohne Staat, Nation, Kapital und Lohnarbeit wollen!
Organisiert euch mit uns, schließt euch zusammen und wehrt euch!
Die Krise heißt Kapitalismus – überwinden wir ihn so schnell wie möglich!

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Rede der Basisgruppe Antifaschismus (BA) Bremen
Liebe Besucherinnen und Besucher der Waterfront und der Leiharbeitsmesse, liebe Kolleginnen und Kollegen in den Geschäften der Waterfront, liebe Genossinnen und Genossen.
Die hier heute in der Waterfront stattfindende Leiharbeitsmesse ist nicht nur eine besonders ekelige Veranstaltung.
Ekelig ist sie, weil inmitten der Geschäfte in der Waterfront, in denen Kolleginnen und Kollegen zu bereits schon üblen Arbeitsbedingungen, geringen Löhnen, unbezahlten Überstunden und permanenter Erhöhung der Arbeitstaktung arbeiten müssen, Werbung für noch üblere und miesere Arbeitsverhältnisse gemacht wird, für noch unsichere und noch geringer bezahlte Arbeitsplätze.
Obwohl das bereits schon so bereits ungeheuerlich erscheint, die eine Schweinerei hier die Steigerung durch die andere erfährt, der eigentliche Skandal ist ein anderer.
Der eigentliche Skandal besteht darin, dass dies alles schon grundsätzlich nicht sein müsste! Nicht das die Arbeitsbedingungen für uns immer übler, die Löhne immer geringer, aber die Preise und Mieten immer höher werden, ist der eigentliche Punkt, obwohl dies für sich genommen schon ungeheuerlich ist. Sondern die Tatsache, dass wir überhaupt gezwungen sind uns einen Job zu suchen und gegen Geld arbeiten zu müssen um die Miete, Essen und all den anderen Krams den wir haben wollen, bezahlen zu können!
Lohnarbeit, also das wir unsere Arbeitskraft an ein Unternehmen für Lohn verkaufen, damit dieses damit Gewinn machen kann, das erscheint allgemein als natürlich. Ebenso normal ist es, dass wenn Leute Hunger haben, nicht einfach Lebensmittel hergestellt werden, damit der Hunger gestillt werden kann, sondern dass das Essen mit Geld, meistens vom Lohn, bezahlt werden muss. Das heißt, um beim Beispiel des Brotes zu bleiben, wir stellen erst bei einem Unternehmen, z. B. einer Bäckerei, gegen ein bisschen Lohn das Brot her, das dieses anschließend mit Gewinn wieder an uns verkauft und wir wieder mit unserem Lohn bezahlen müssen.
Wie unsinnig ist doch diese Gesellschaft!
Doch es kann noch schlimmer kommen als Arbeit zu haben, nämlich keine zu haben! Im Großteil der Welt bedeutet dies für die meisten Menschen den Tot, weil sie dann auch kein Geld haben um sich z. B. das oben genannte Brot zu kaufen. Hier bedeutet dies, dass der Staat uns ein paar Krumen gibt damit dies nicht passiert. Hartz 4 und ähnlich heißen dann diese milden Gaben. Dabei passiert all dieses nicht weil es z. B. zu wenig Brot gäbe, also Mangel herrsche – im Gegenteil. Von so ziemlich allem ist eigentlich genug da, wird sogar so viel hergestellt, dass ständig Unmengen weggeschmissen werden müssen. Die Geschichten über die Butter und Gurkenberge der EU, die regelmäßig vernichtet werden, während weltweit Leute verhungern, schaffen es ja manchmal sogar ins vorabendliche Fernsehprogramm.
Diesen ganzen Irrsinn, die Marktwirtschaft, gäbe es dabei nicht wenn es nicht den Staat gäbe. Dieser sichert durch sein Gewaltmonopol diese gesellschaftlichen Verhältnisse des Schuftens, der Ausbeutung durch Lohnarbeit und verpflichtet uns praktisch, mittels Recht und Gesetz auf sie. So hat alles seine Ordnung, die hier heute anwesende Polizei steht beispielhaft dafür.
Der eigentliche Skandal sind also nicht die Arbeitsverhältnisse der KollegInnen in der Waterfront, nicht die spärlich gefüllten Portmonees der hier Vorbeigehenden, ja nicht mal die Leiharbeitsmesse. Der Skandal sind bereits die gesellschaftlichen Verhältnisse in ihrer Gänze und Normalität, der ganze marktwirtschaftliche Normalbetrieb!
Wir demonstrieren hier deshalb heute nicht nur gegen die Leiharbeitsmesse, es geht uns ums Ganze. Forderungen nach einer „fairen Leiharbeit“ wie sie von der IG Metall erhoben werden finden wir zynisch, sie kommen der Forderung nach verbesserten Haftbedingungen im Knast, ein bisschen längeren Hofgang, gleich. Wir wollen nicht nur höhere Löhne oder kürzere Arbeitszeiten, wir wollen die ganze Marktwirtschaft, die gesamten kapitalistischen Verhältnisse nicht. Statt dem Schuften für Lohn, Markt und Standort wollen wir ein schönes Leben für alle – weltweit.
Eine befreite Gesellschaft ist aber nur jenseits von Staat und Nation, Kapital und Lohnarbeit zu haben. Weder sozialdemokratische Regulierungsmodelle, noch „real-sozialistische“ Verstaatlichungsvorstellungen bieten deshalb eine Perspektive. Sie stellen nur weitere Varianten der Elendsverwaltung dar.
Die einzigen Alternativen gegen die herrschenden Verhältnisse sind massenhafte Selbstorganisation und die Vergesellschaftung der Produktionsmittel, die revolutionäre Umwälzung der bestehenden gesellschaftlichen Eigentumsverhältnisse. Allein die bewusste Aneignung aller gesellschaftlichen Bereiche in gemeinsamer Selbstverwaltung durch die Menschen bietet die Chance, soziale Revolution und kulturelle (Selbst-)Emanzipation durchzusetzen.
Für uns ist die allgemeine Perspektive eine kommunistische Gesellschaft, in der – mit Marxens Worten gesprochen – gilt:
„Jeder nach seinen Fähigkeiten, jedem nach seinen Bedürfnissen!“
In diesem Sinne: Für den Kommunismus!

Quelle:  de.indymedia.org

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