Der von Deutschland gegen das Europäische Fürsorgeabkommen (EFA)
erklärte Vorbehalt ist rechtlich wirkungslos. Der Vorbehalt sollte
nahezu alle in Deutschland lebenden EU-Ausländer von der Möglichkeit,
Alg II-Leistungen zu beziehen, ausschließen. Die hierzu erlassene
Richtlinie der Bundesagentur für Arbeit ist rechtswidrig.
Dies stellten sowohl das Sozialgericht Berlin als auch
das Sozialgericht Leipzig in aktuell getroffenen Entscheidungen klar,
Sozialgericht Berlin Aktenzeichen S 96 AS 6145/12 ER und S 110 AS
28262/11 sowie Sozialgericht Leipzig, Aktenzeichen S 20 AS 852/12 ER.
Rechtsanwalt Dirk Feiertag, der Vertreter des Leipziger Klägers
erklärt: „Die Leistungen der deutschen Jobcenter nicht mehr für
arbeitssuchende Europäer zur Verfügung zu stellen, ist klar
rechtswidrig. Nach den heute getroffenen Entscheidungen der
Sozialgerichte wäre es konsequent, Anträge von EU-Ausländern wenigstens
vorläufig weiter zu bewilligen. Die deutschen Jobcenter bewegen sich in
diesem Punkt aber nicht. Ich rate daher allen Betroffenen, selbst
Widerspruch und Klage gegen die Entscheidungen der Jobcenter
einzulegen.“
Bisher regelte das Europäische Fürsorgeabkommen (EFA), welches auch von
Deutschland unterzeichnet wurde, dass die Angehörigen der
Mitgliedstaaten in dem jeweilig anderen Land Sozialleistungen in
Anspruch nehmen können. Im Januar 2012 erklärte die Deutsche
Bundesregierung vollkommen überraschend einen Vorbehalt gegen dieses
Abkommen. Ziel war es mit Blick auf die europäische Wirtschaftskrise EU
Ausländer von dem Bezug von ALG II-Leistungen auszuschließen. Damals
zeigte sich selbst die Bundesagentur für Arbeit über das Vorgehen
verwundert. Sie verzeichnete laut eigenen Angaben keine erhöhte
Einwanderung in die deutschen Sozialsysteme.
Mit der Quasi-Abschaffung des Europäischen Fürsorgeabkommens hat die
Bundesregierung die Axt an die Wurzel der Europäischen Integration
gelegt. Wenn die Bundesregierung den erklärten Vorbehalt weiterhin
aufrecht erhält, scheint es nur noch eine Frage der Zeit, bis auch
andere europäische Staaten sich weigern, Sozialleistungen an im Ausland
lebende Deutsche zu zahlen, so Rechtanwalt Feiertag.
www.fau.org
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